MagnaMedia · AMIGA-Magazin ·Beschleunigerkarte: Cyberstorm PPC

Aktuelles Heft 11/97

Jetzt geht's UP!

Lange hat es gedauert � endlich liefert phase 5 die ersten PowerUP-Karten mit zwei Prozessoren aus: einer 680x0-CPU und einem PowerPC. Wir haben eine Karte kurz vor Redaktionsschlu� einem ausf�hrlichen ersten Blick unterzogen.
von Edgar Conrad

Die Freude war auch in der Redaktion recht gro�, als nach vielen Telefonaten tats�chlich die erste PowerUP-Karte von phase 5 eintraf. Schlie�lich hat der Amiga mit der PowerPC-CPU von Motorola eine gute und vor allem ernsthafte �berlebenschance.

Wie bei phase 5 �blich wird die Karte mit einem guten deutschen Handbuch, zwei Disketten und einer CD-ROM ausgeliefert. Je nachdem, was man bestellt hat, sitzen auf der Karte selbst eine 68040- oder 68060-CPU sowie eine �PowerPC 603e� oder �604e�. Letzterer ist ein echter 64-Bit-Chip und damit schneller als ein 603e. Selbstverst�ndlich gibt es das Board auch ohne 680x0-CPU, was den Preis etwas senkt.

Flotter Doppelwopper: Mit zwei Prozessoren, SCSI-Chip und vier SIMM-Steckpl�tzen hat phase 5 alles auf eine Karte gesetzt Pure Rechenleistung: Das Apfelm�nnchenprogramm �Benoit� zeigt, welch' unb�ndige Leistung eine PowerPC-CPU hat Einfach nur klicken: Bei StormC ist nur der richtige Schalter anzuw�hlen, und schon entstehen PowerPC-Programme � klasse!
In der Redaktion traf das Topmodell mit einem 68060 bei 50 MHz sowie einem 604e mit 200 MHz ein. Die beiden Prozessoren belegen neben den SIMM-Sockeln den meisten Platz auf der kleinen Steckplatine. Der PowerPC ist unter einem L�fter versteckt, der den Strom g�nstigerweise von der PowerUP-Platine bezieht. Damit ben�tigt man keinen Extra-Stromversorgungsstecker.

Ebenfalls auff�llig ist der Symbios-SCSI-Chip. Erst ist auf jeder PowerUP-Karte zu finden und gestattet den Anschlu� von SCSI-Ultra-Wide-Festplatten. Damit k�nnen bis zu 40 MByte/s an Daten �ber den SCSI-Bus rauschen. Allerdings erfordert der Anschlu� eine aktive Bus-Terminierung an beiden Enden. Die Karte selbst ist nicht terminiert: Damit kann ein Kabel nicht an der einen Seite an der PowerUP-Karte enden. Die Karte mu� immer mit einem T-St�ck mit dem SCSI-Bus verbunden sein. An den jeweiligen Enden mu� dann eine Festplatte oder eine Terminierung sitzen.

Daneben finden sich auf der PowerUP-Karte die SIMM-Sockel, in die man normale oder auch EDO-RAM-SIMMs stecken kann. �Dank� des PowerPCs darf aber nur paarweise mit gleichen RAMs best�ckt werden � im Gegensatz zur CyberStorm MKII von phase 5, die ja jegliches RAM in beliebiger Gr��e und Reihenfolge verdaut. Die Karte erkennt aber selbst, welche Gr��en eingesetzt wurden. Bis zu 128 MByte passen insgesamt drauf (also bestenfalls 4 mal 32-MByte-SIMMs), es d�rfen Bausteine mit 32-Bit und auch 36-Bit (4 mal 8 plus Parity) eingesetzt werden. Die Zugriffszeit sollte 70 ns oder weniger sein.

Die Prozessorkarte l��t sich in allen Amiga-3000- und Amiga-4000-Rechnern einbauen, wobei dem Einsatz in einem Amiga 3000 Desktop noch etwas entgegensteht: Hier ist erst eine �nderung an der Hauptplatine angesagt, die man am besten von einem Techniker vornehmen l��t (es ist ein Kabel zu l�ten). Weitere Infos dazu gibt es bei phase 5. Mechanisch pa�t die Karte in jeden der genannten Rechner.

Technische Daten
PowerPC-Prozessor604e mit 150,180 oder 200 MHz
680x0-Prozessor68040/25 oder 40 MHz, 68060/50 MHz
SIMM-Steckpl�tze4 St�ck, maximal 128 MByte RAM
SCSI-HostadapterSymbios 53C770 UW mit max. 40 MByte/s
ErweiterungenSteckplatz f�r Grafikkarte
Einsatzbar inAmiga 3000, 3000T, 4000 und 4000T
Konfigurationvollautomatisch ohne Jumper
Lieferumfang2Disketten, 1 CD-ROM mit Entwicklungs- umgebung und Beispielen, Handbuch
SpeichdurchsatzPowerPC maximal 160 MByte/s, 68060 maximal 68 MByte/s
Mindest-RAM-Gr��e8 MByte (2 mal 4 MByte-SIMMs)

Die Installation

Der mechanische Einbau in einen Amiga 4000 Tower ist einfach: Commodore 68040-Karte raus, PowerUP-Karte rein und fertig. Vorher ist jedoch die spezielle 68060- und 68040.library zu installieren, wie dies schon bei der CyberStorm060 der Fall ist. Dabei wandern dann gleich auch die n�tigen PowerPC-Libraries auf die Festplatte.

Mitgelieferte Beispielprogramme
Benoiteinfaches Mandelbrotprogramm
MemTestProgramm zum Bestimmen der Speichergeschwindigkeit
xpkBZIPXPK-Modul zum Packen und Entpacken Mithilfe der PowerPC-CPU
MusikINProgramm zur Echtzeit-Soundbearbeitung
isisPPCProgramm zum Abspielen von MPEG-Filmdateien
PlaneProgramm zum Erzeugen von einfachen Fraktalen
LWShowPPCProgramm zum Anzeigen von Lightwave-Objekten unter CyberGL
PPCmountainsLandschaftsgenerator mit PowerPC-Unterst�tzung
PPCToolTaskmonitor f�r die PowerPC-CPU und Systeminfo-Programm in einem.
GNU-CCompiler-Entwicklungspaket f�r PowerUp-Anwendungen
  
Leider war der Einbau nicht auf Anhieb erfolgreich. Erst im zweiten Anlauf waren RAMs gefunden, die wirklich mit der PowerUP-Karte funktionieren wollten. Auch wollte das Board in einem von vier Redaktionsrechnern nicht anlaufen. Nach dieser H�rde gab es aber nichts mehr auszusetzen: Sowohl PowerPC als auch 68060-CPU liefen tagelang ohne einen Aussetzer. Das Handbuch begleitet den Einbau recht gut, so da� man auch die Jumper schnell finden sollte, die es evtl. umzustecken gilt.

PowerPC-Projekte f�r PowerUP
AnwendungHerstellerStatus
StormC 3.0Haage & Partnerverf�gbar
PPaint 7.1Cloantoverf�gbar
SuperViewAndreas Kleinertverf�gbar
WarpUPHaage & Partnerverf�gbar
TurboPrintIrseesoftangek�ndigt
Merapi (Java)Haage & Partnerangek�ndigt
ArtEffect 2.0Haage & Partnerangek�ndigt
  
Vor der Inbetriebnahme mu� man sich vergewissern, auch tats�chlich alles zu haben, was f�r den Betrieb n�tig ist. Sie k�nnen die Karte mit oder auch ohne 680x0-CPU bestellen. Nichts desto trotz ben�tigen Sie nat�rlich unbedingt eine 680x0-CPU f�r die PowerUP-Karte. Wer also meint, jetzt seinen Amiga 3000 mit 25-MHz-68030 aufzur�sten, mu� sich zumindest eine 68040-CPU zulegen, die er auf die PowerUP-Karte steckt. Die L�sung 68030 auf der Hauptplatine und CyberStormPPC nur mit PowerPC-CPU funktioniert nicht. Genauso brauchen Sie unbedingt etwas RAM auf der Karte, wenn der PowerPC auch nur einen Befehl ausf�hren soll. Da man paarweise best�cken mu� und die kleinsten SIMMs 4 MByte haben m�ssen, sollten Sie gleich zweimal 4 MByte-SIMMs kaufen oder von der Hauptplatine umstecken (Amiga 4000/ 4000T).

Wenn Sie auch den SCSI-Hostadapter nutzen m�chten, m�ssen Sie sich das passende Kabel und aktive Terminatoren zulegen (zumindest einen, der andere sitzt in den meisten F�llen auf der Festplatte).

PowerUP-Software

Ist alles verbaut, kann der Start beginnen. Der Amiga bootet, als sei nichts passiert � bis auf den schon deutlichen Geschwindigkeitsschub der 68060-CPU. phase 5 hat ordentlich am RAM-Interface geschraubt, so da� die CyberStormPPC schon im normalen 68K-Betrieb etwa 20 Prozent schneller als die �ltere Cyberstorm MKII ist. Beim ersten Start der beigelegten Beispielprogramme zeigt sich schnell, was in der PowerPC-CPU steckt. Beim Mandelbrot-Programm �Benoit� sind Steigerungen von 1000 Prozent drin (der Prozessor l��t sich per Popup-Men� einfach wechseln).

Cyberstorm PPC: Zeiten
ProgrammPowerPC 604e/200 MHz68060/50 MHz
Speicherzugriff
Lesen156,2 MByte/s64,9 MByte/s
Schreiben111,1 MByte/s56,8 MByte/s
Benoit0,96 s11,82 s
Quicksort
20000 Zahlen
0,24 s13,13 s
  

Beeindruckend ist auch der �isisPPC� getaufte MPEG-Player, der Filme im MPEG-Format bei Originalgr��e (320x240 Punkte) ruckelfrei auf den Bildschirm bringt. Wenn man das Fenster dann aber auf 1024x768 zieht, sind Verz�gerungen klar sichtbar. �MemTest� testet zwar nicht den Speicher, liefert aber gemessene Werte, wie schnell die jeweilige CPU auf den Speicher auf der Karte zugreifen kann.

Der GNU-Compiler

Wie schon erw�hnt sind auf der mitgelieferten CD-ROM nicht nur ein paar Beispielprogramme zu finden, sondern auch der GNU-C-Compiler zur Erzeugung von PowerUP-Programmen. Wenn man die Beispielprogramme alle ausprobiert hat, w�chst nat�rlich sofort der Wunsch, selbst eigene Programme zu kompilieren und somit schnell f�r PowerPC-Software zu sorgen.

Ohne zu ruckeln: MPEG-Filme laufen auch in einer Gr��e von 320x240 Punkten noch ruckelfrei im Fenster auf der Workbench
Der mitgelieferte GNU-Compiler und auch das dahinterstehende Konzept sind eher eine H�rde, denn eine Hilfe f�r angehende Programmierer. Es fehlt ein Installer, um den GNU-Compiler ohne Probleme zu installieren. Wer noch nie mit GNU-C gearbeitet hat, d�rfte allein damit Tage verbringen. Zwar gibt es reichlich Dokumentation in Englisch, doch sie ist gut �ber viele Dateien und Verzeichnisse verstreut, damit man es nicht so einfach hat. Um eine PowerPC-Anwendung mit dem GNU-C-Compiler zu schreiben, mu� man zwei Programme anfertigen: Eins f�r die 680x0-CPU und eins f�r die PowerPC-CPU. Diese beiden d�rfen dann �ber ein Nachrichten-System Daten austauschen. Bei der Kompilierung mit dem PowerPC-GNU-C entsteht ein sogenanntes ELF-File, das vom 680x0-Programm beim Start zur PowerPC-CPU verschickt wird.

Auf dem PowerPC l�uft ein Minimal-Multitasking-System, das in der Lage ist, mehrere Programme gleichzeitig laufen zu lassen und das Daten mit dem 680x0-Prozessor austauschen kann. PowerPC-Programme k�nnen nicht direkt auf Amiga-Funktionen zugreifen, dazu ben�tigen sie immer das Gegenst�ck auf der 680x0-Seite. Ungl�cklicherweise mu� man bei Verwendung des GNU-C also vorher sehr viel Gehirnschmalz in ein Projekt investieren, Aufgaben auf zwei Prozessoren verteilen und die Kommunikation ma�schneidern. Heraus kommen dabei Speziall�sungen, die nur auf solchen Zweiprozessorkarten wie der CyberStormPPC laufen.

StormC 3.0 f�r PowerUP

Wesentlich geschickter ist hier der Ansatz von Haage&Partner mit ihrem �StormC�-C/C++-Compiler. Er lie� sich problemlos installieren und war nach f�nf Minuten in der Lage, das erste PowerPC-Programm zu kompilieren. Beim Anlegen eines Projektes kann man einfach angeben, man m�chte ein PowerPC-Programm erzeugen, l�dt danach die C-Sourcen ins Projekt, klickt auf �Kompilieren� und wenig sp�ter ist das PowerPC-Programm startbereit.

Preise (laut phase 5)
Prozessormit 604e/150 MHzmit 604e/180 MHzmit 604e/200 MHz
ohne 680x0-CPU1295 Mark1549 Mark1795 Mark1795 Mark
Upgrade von MKII1195 Mark1395 Mark1595 Mark
Aufpreis 68060/50 MHzca. 700 Markca. 700 Mark ca. 700 Mark

Intern passiert nichts anderes als bei der GNU-C-Vorgehensweise, nur da� beim StormC das Entwicklungssystem einem die komplette Arbeit des Aufteilens, Kommunizierens und Pflegens von zwei Programmen f�r zwei Prozessoren abnimmt. Vereinfacht gesagt hei�t das: altes C-Programm nehmen, Schalter umlegen, Kompilieren, fertig. Dies haben wir bei einem kleinen C-Programm gemacht, das lediglich 20000 Zufallszahlen sortiert (per Quicksort). Dabei ist die PowerPC-Variante um den Faktor 50(!) schneller als das 68060-Programm mit 50 MHz. Das dabei noch keine optimalen Programme (bez�glich Geschwindigkeit und Gr��e) herauskommen, ist wohl klar. Aber eine Steigerung der Programmgeschwindigkeit um einige Faktoren ist bei einfacher Neukompilierung schon drin (und das gegen�ber einem 68060!). Und der Weg, doch alles selbst per Hand zu stricken, ist einem trotzdem nicht verwehrt. In der Version 3.0 von StormC fehlt es zwar auch noch an Kleinigkeiten wie dem Debuggen von PowerPC-Programmen und besseren Fehlermeldungen, aber Haage & Partner arbeitet intensiv an Verbesserungen und Erweiterungen.

WarpUP � die Alternative?
Kaum war die Info in den Weiten des Internets verhalt, da flogen schon die Fetzen. Worum es geht? Um �WarpUP�.
Wie im Artikel zu lesen, mu� auf der PowerPC-CPU ein eigenes Multitasking-Betriebssystem laufen, damit mehrere gleichzeitig laufende 68K-Programme mit mehreren gleichzeitig laufenden Programmen des PowerPCs zusammenarbeiten k�nnen. phase 5 hat als Entwickler der PowerUP-Boards hier einige Vorarbeit geleistet und ein stabiles, lauff�higes System geschaffen. Haage&Partner kontern nun mit einem alternativen PowerPC-L�sung: WarpUP. Als Vorteile werden wesentlich h�here Geschwindigkeit und mehr Funktionen angepriesen. Nun ist nat�rlich mehr Geschwindigkeit nie verkehrt, aber zwei L�sungen, die nicht kompatibel sind, k�nnten eine jetzt einsetzende PowerPC-Begeisterung stark bremsen: F�r welches System soll man sich (vorerst als Programmierer) entscheiden? Und wer wird sich letztendlich durchsetzen?

Unter diesem Aspekt kann man die harsche Kritik von phase 5 verstehen, die sich vom pl�tzlichen �WarpUP� br�skiert f�hlen. Andererseits sind noch nicht viele Anwendungen angepa�t worden und man sollte eventuell die schnelle WarpUP-L�sung als Standard etablieren. Letztlich ist es nicht so wichtig, wer sich durchsetzt, Hauptsache es gibt nur ein System, auf das sich alle als Standard verlassen k�nnen. Sonst ist die PowerPC-Zukunft schon wieder leicht bew�lkt. Klein-klein-Kriege haben wir nach dem Zusammenbruch von Commodore eigentlich schon genug gesehen.

  
Fazit:Die CyberStormPPC von phase 5 ist das Schnellste, was einem Amiga 3000 oder 4000 passieren kann. Schon der 680x0-Teil ist bemerkenswert und auch die SCSI-Schnittstelle (die wir noch nicht testen konnten) verspricht moderne Leistung. Der PowerPC-Prozessor lief im Test absolut stabil und kann Daten um ein Vielfaches schneller bearbeiten als eine 680x0-CPU. Damit bietet sich die Karte f�r alle Anwendungen an, f�r die eine 68060-CPU zu wenig Leistung hat (Raytracing, komplexe Bildbearbeitung, Echtzeit-Komprimierung von Daten).

Die GNU-C-Compiler-L�sung scheint dagegen nur was f�r Experten zu sein. Wer schnell zu PowerPC-Programmen kommen m�chte, mu� die Kosten f�r ein StormC- Paket noch draufschlagen. Dann allerdings steht der einfachen und effizienten Beschleunigung um mehrere 100 Prozent nichts mehr im Weg. Was jetzt noch fehlt, ist die z�gige Umsetzung von Anwendungen auf die CyberStormPPC. Damit d�rften sogar Freunde des Amigas zur�ckkehren, die nur wegen der Rechenleistung zu einem Pentium gewechselt haben. Denn in puncto Bedienung, Flexibilit�t und Multitasking kann ein PC dem Amiga noch lange nicht das Wasser reichen. UP geht's in eine flotte Zukunft.

lb

Literatur: [1] David G�hler, Wer bremst, verliert!, AMIGA-Magazin 9/96, S. 46

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Zuletzt aktualisiert am 20. Oktober 1997.